12.2.2024 – VG Stuttgart: Amok-Alarm begründet Augenblicksversagen des Fahrers eines Einsatzfahrzeugs – Kein Regressanspruch des Landes

VG Stuttgart vom 25.5.2023, Az. 11 K 942/22

Ein Polizeifahrzeug befand sich auf Streifenfahrt, als ein Einsatzaufruf kam. Es sei ein Amokalarm an einer Schule ausgelöst worden, alle verfügbaren Einsatzkräfte sollten vor Ort kommen. Nach Anlegen der Sicherheitskleidung setzte sich der Polizeibeamte mit seinem Beifahrer unter Einsatz von Blaulicht und Martinshorn in Bewegung. An einer Kreuzung fuhr er bei Rot in den Gefahrenbereich ein, es kam zur Kollision mit dem Querverkehr. Der Fahrer des anderen Fahrzeugs gab an, die Signale nicht gehört zu haben.

Die Versicherung des Polizeifahrzeugs zahlte den Schaden des anderen Beteiligten und forderten Regress von dem Polizeibeamten. Nach Ansicht des Landes liege bei einem ungebremsten Einfahren in eine mit Rot versehene Kreuzung grobe Fahrlässigkeit vor.

Der Beamte verweigerte die Zahlung. Es habe sich um ein Augenblicksversagen gehandelt. Angesichts des gewichtigen Einsatzgrundes sei es zu einer außergewöhnlichen Stressbelastung gekommen, daher sei ihm grobe Fahrlässigkeit nicht vorzuwerfen.

Das VG Stuttgart gab dem Beamten Recht.

Richtig sei zwar, dass objektiv von grober Fahrlässigkeit auszugehen ist, wenn eine Einsatzfahrzeug einfach über eine rote Ampel in einen Kreuzungsbereich einfahre.

Es sei aber auch die subjektive Seite zu berücksichtigen. Hier sei durch die Einsatzbegründung „Amoklauf an einer Schule“ besonderer Stress ausgelöst worden, da es in der Nähe des Einsatzortes bereits zwei Amokläufe in der Vergangenheit gegeben habe, bei welchen bis zu 10 Menschen gestorben waren. Unter dem Hintergrund sei es glaubhaft, dass es dem Beamten allein darum ging, den nahegelegenen Einsatzort schnell zu erreichen und es dabei zu einem Augenblicksversagen an der Kreuzung kam.

Der Beamte musste nicht zahlen.